Chemikalien-Lexikon "I"

Iodoform

Andere Namen: Jodoform, Triiodmethan, "Formyltriiodid"; Iodoformium, Jodoformium, Jodoformum (lat.); engl.: iodoform; frz.: iodoforme; ital.: iodoformio; span.: yodoformo

CAS-Nr.: [75-47-8]
EG/EINECS-Nr.:
200-874-5
Giftklasse (CH):
2
HS-Nr.:
2903 30 90

Summenformel: CHI3

Strukturformel:

 Iodoform

Molekülmasse: 393,73 g/mol

Beschreibung, Eigenschaften

Iodoform kommt als zitronengelbe, glänzende, fettig anzufühlende kristalline Blättchen oder Tafeln bzw. in Form hexagonaler Kristalle (oder auch als mikrokristallines Pulver) vor. Der Stoff ist nur sehr begrenzt wasserlöslich, dagegen löslich in etwa 70 Teilen Ethanol von 20 °C und in etwa 10 Teilen Diethylether, weiterhin in Chloroform und Kohlenstoffdisulfid. Glycerol und fette Öle lösen Iodoform nur wenig. Der Geruch ist durchdringend und sehr typisch (nach "Zahnarzt", auch etwas erinnernd an Safran), der Geschmack scharf. Iodoform hat die recht hohe Dichte von 4,008 und schmilzt bei ungefähr 120 °C unter Zersetzung. Es ist mit den Dämpfen von siedendem Wasser flüchtig und hinterläßt nach dem Verbrennen keinen wägbaren Rückstand.

Nach Fieser/Fieser ist Iodoform übrigens (neben dem verwandten, roten Tetraiodkohlenstoff) die einzige organische Substanz ohne ungesättigte Funktionen, die farbig ist! Der Stoff ist seit 1832 bekannt.

VERSUCH: Bildung von Iodoform

Man mischt 1 ml Aceton und 1 ml Natriumhydroxidlösung verd. (ca. 10%ig). Dazu gibt man 5 ml Wasser und dann tropfenweise eine wäßrige Lösung von Iod in Kaliumiodid (z.B. LUGOLs Lösung), bis die durch Iod verursachte Färbung gerade bestehenbleibt. Die Mischung wird einige Zeit erwärmt, ohne sie zu kochen. Es bilden sich gelbe, flockige Abscheidungen von Iodoform, die man am Geruch erkennen kann. Man läßt sie absetzen, filtriert und untersucht unter dem Mikroskop zur Bestimmung der Kristallform. Formelschema:

J2 + 2 OH-  ==>   JO- + J- + H2O

CH3COCH3 + 3 JO==>   CH3COCJ3 + 3 OH-

CH3COCJ3 + OH==>   CHJ3  + CH3COO-

Diese Umsetzung stellt die von LIEBEN 1870 erstmals beschriebene IODOFORM-Reaktion dar, welche auch mit Ethanol und anderen Alkoholen, die zu Methylketonen führen, funktioniert. Sie kann zum Identitätsnachweis dieser Verbindungen dienen (Iodoform-Probe). Mechanismus (zur Unterscheidung von Chlor-Cl wurde das Iod der -CJ3 -Gruppe entgegen der sonstigen Gepflogenheit als "J" formuliert) der Reaktion mit Methylketonen:

Iodoform-Reaktion mit Methylketonen

Für die qualitative Analyse organischer Verbindungen kann die Iodoform-Probe mit folgender Abwandlung durchgeführt werden: Man löst ca. 0,1 g der Untersuchungssubstanz in 5 ml Dioxan, mischt mit 1 ml Natriumhydroxidlösung 10%ig und fügt wie oben beschrieben solange (tropfenweise) wäßrige Iod-Iodkalium-Lösung hinzu, bis sich das Iod gerade im Überschuß befindet. Während dem nachfolgenden Erhitzen auf dem Wasserbad (2-3 Minuten bei ca. 60 °C genügen) ist es möglich, daß die Iodfarbe wieder verschwindet. Man fügt in diesem Fall noch wenig Iod/Iodkalilösung hinzu. Das Probierglas wird mit Wasser aufgefüllt, geschüttelt und eine Weile stehenlassen. Das gebildete Iodoform kann abfiltriert, getrocknet und aus Methanol umkristallisiert werden.

Die Iodoform-Reaktion geben u.a. folgende Stoffe: Aceton, Ethanol, Isopropanol, Milchsäure, Benzocain als Ethylesterderivat, Warfarin.

Darstellung

Neben der bereits im vorherigen Abschnitt beschriebenen Iodoform-Reaktion ist die Gewinnung von Iodoform auch durch Elektrolyse einer erwärmten Lösung von Kaliumiodid, Natriumcarbonat und Ethanol (bzw. Aceton) in Wasser möglich.

Verwendung

In früherer Zeit wurde Iodoform als Antiseptikum für die Wundbehandlung in der allgemeinen Chirurgie verwendet (wirkt in Form antiseptischer Lösungen, Puder, Wundstäbchen etc. bakterienhemmend und fäulniswidrig), bis man durch zahlreiche Vergiftungen - bedingt durch Resorption des Wirkstoffs von der Wundfläche aus - auf die Schädlichkeit des Stoffes aufmerksam wurde. Antimikrobiell wirksam sind eigentlich kleine Mengen von elementarem Iod, welche aus dem Iodoform in Anwesenheit der Wundfeuchtigkeit entstehen können. Die freigesetzte Menge an verfügbarem Iod reicht jedoch für eine effektive Wirksamkeit in der Regel nicht aus. Heutzutage ist die Verbindung durch wesentlich unschädlichere und wirksamere Präparate ersetzt; der Gebrauch in der Dermatologie gilt als obsolet. Dennoch ist Iodoform in der aktuellen Ausgabe des Deutschen Arzneimittel-Codex DAC 1998 noch immer monographiert (Verwendung zur Wunddesinfektion in der Zahnheilkunde und Veterinärmedizin).

In der präparativen organischen Chemie wird Iodoform selten verwendet. Eine Arbeitsvorschrift für die Herstellung von Methyleniodid (Diiodmethan, CH2I2) aus Iodoform unter Verwendung von Natriumarsenit und Natriumhydroxid siehe Organic Syntheses, Coll.Vol. II.

Gehaltsbestimmung (nach DAC 1998)

Die Substanz wird in Methanol aufgelöst (200 mg in 50 ml), diese Lösung mit 25,0 ml 0,1 M Silbernitratlösung und 5 ml Salpetersäure versetzt und die Mischung 1 Stunde lang auf dem Wasserbad unter Rückflußkühlung zum Sieden erhitzt. Nach dem Abkühlen werden 2 ml Ammoniumeisen(III)-sulfatlösung als Indikator zugegeben und das nicht verbrauchte Silbernitrat mit 0,1 M Ammoniumthiocyanat-Lösung bis zur rötlichgelben Färbung zurücktitriert.

1 ml 0,1 M Silbernitratlösung entspricht 13,12 mg CHI3.

Kenndaten

Parameter Wert (Angaben der Literatur)
Schmelzpunkt 119 °C (Beyer/W., Fieser); ca. 120 °C Zers. (Hunnius); 121 °C (Organikum); etwa 122 °C Zers. (DAC 1998); 123 °C (Römpp)
Siedepunkt ca. 218 °C (Römpp)
Dichte 4,008 (Hunnius, Römpp); 4,1 (Fieser)
Gefahren HARMFUL

Iodoform ist gesundheitsschädlich beim Einatmen, Verschlucken und bei Berührung mit der Haut. Es ist hautreizend und kann zu Überempfindlichkeitsreaktionen (z.B. Kontaktallergien, Iodoformexantheme) führen. Es gibt Personen, die auf den Stoff ausgespochen empfindlich reagieren. Substanzkontakt vermeiden und Arbeitsschutzvorschriften genau einhalten. MAK-Wert: 0,6 ppm.

TRGS 900/Technische Regeln für Gefahrstoffe: Grenzwerte in der Luft am Arbeitsplatz „Luftgrenzwerte“ - für Iodoform 3 mg/m3.

Vergiftungen mit Iodoform äußern sich in Kopfschmerzen, Schlaflosigkeit, Verstimmungen, in schwereren Fällen sogar mit Delirien, Psychosen und Gedächtnisschwäche sowie durch Krämpfe, gastrointestinale Störungen, Albuminurie und Hämaturie.

Wichtige Anmerkung: Für die Verwendung von Chemikalien als Lebensmittel-, Futtermittel- und Kosmetikzusatzstoffe sowie für den Einsatz in Arzneimitteln gelten zahlreiche gesetzliche Regelungen und Einschränkungen. Wir weisen darauf hin, daß die von uns angebotene Ware "Iodoform" nur für wissenschaftliche Forschungs-, Entwicklungs-, Analysen-, Lehr- und Schulungszwecke verwendet werden darf. Die Substanz ist für lebensmitteltechnologische, kosmetische und medizinische/in vivo-diagnostische/pharmazeutische Zwecke weder vorgesehen, geeignet noch geprüft.

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Erstellt am 11.07.1999 * Letzte Änderung am 13.10.2002 © OMIKRON GmbH 1999 - 2002

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