Lexikoneintrag C

CYANOCOBALAMIN (CN-Cobalamin)

Vitamin B12 (Cyanocobalamin)

Nat. Vorkommen: Bemerkenswerterweise sind ausschließlich Mikroorganismen in der Lage, Cyanocobalamin zu produzieren. So wird dieser Komplex z.B. im Verdauungstrakt pflanzenfressender Tiere (Darmflora) oder im Erdboden (von Bodenbakterien) synthetisiert. Das Vitamin findet sich daher lediglich in den Wurzeln von (Nahrungs-) Pflanzen, nicht aber in deren oberirdischen Teilen wie Blattgemüsen oder Getreidekörnern. Der Mensch versorgt sich mit diesem Vitamin fast ausschließlich durch „tierische" Lebensmittel wie Fleisch, Innereien (z.B. Kalbsleber), Fisch, Milch, Käse und Eidotter. Bei rein vegetarischer Ernährung besteht daher die Gefahr von Mangelerscheinungen. Der Normalgehalt in menschlichem Blut beträgt nur 0,0002 mg (Millionstel Gramm) Vitamin B12 pro Milliliter. Unterschreitet der Gehalt allerdings einen gewissen "Mindestbestand", so ist eine ordnungsgemäße Blutbildung nicht mehr gewährleistet. Im Körper werden lediglich kleine Mengen des Cyanocobalamins gespeichert (zwischen 2-5 mg), davon 50 bis 90% in der Leber.

Gewinnung: Aus mikrobiologischen Reinkulturen von Aktinomyceten oder Bakterien (z.B. Streptomyces olivaceus, Str. griseus, Str. aureofaciens bzw. Bacillus megatherium, Propioni spec.). Das Vitamin fällt i.d.R. als Nebenprodukt im Zuge der Herstellung von Antibiotica an.

Andere Namen: a-(5,6-Dimethylbenzimidazol-1-yl)cyanocobamid, Coa-[a-(5,6-Dimethylbenzimidazolyl)]-Cob-cyanocobamid, Cobalamin, Cobeminum, Cycobemin, cobalthaltiges substituiertes Porphyrin, Extrinsic Factor, Antiperniziosa-Faktor, Zoopherin; lat.: Cyanocobalaminum

Summenformel (Linienformel): C63H88N14O14PCo

Strukturformel:

Strukturformel von Cyanocobalamin

Molmasse: 1355.39 g/mol CAS-Nr.: [68-19-9] EG-/EEC-Nr.: 200-680-0 HN: 3039200

Beschreibung

Cyanocobalamin kommt in Form tiefroter Kristalle oder als dunkelrotes, kristallines Pulver in den Handel. Ein Geruch oder Geschmack ist nicht wahrnehmbar. Das lichtempfindliche Vitamin hat keinen bestimmbaren Schmelzbereich, sondern zersetzt sich beim Erhitzen auf Temperaturen über 200 °C. Die Wasserlöslichkeit ist begrenzt; 1 L Wasser von 25 °C löst lediglich 12 g Cyanocobalamin. Die organischen Lösungsmittel Aceton, Chloroform und Diethylether lösen den Stoff praktisch nicht auf. Ethanol löst das Vitamin am besten. Die wasserfreie Substanz zieht begierig Wasser an (bei Luftzutritt vermag Cyanocobalamin bis zu 12% Wasser aufzunehmen). Lichtabsoption: Maxima bei 278, 361 und 548 nm.

Bedeutung für den Organismus

Vitamin B12 ist bei verschiedenen Reaktionen im Stoffwechsel beteiligt, so im Aminosäuren-, Fettsäuren- und Folsäure Metabolismus. Das Vitamin ist auch wichtig für den Aufbau der Nervenzellen (Myelinsynthese) und die Zellentwicklung (notwendig bei der Synthese von DNS).

Wünschenswerte Zufuhr als Nahrungsergänzung (Täglicher Bedarf)

Die Angaben zur wünschenswerten (empfohlenen) Dosierung schwanken je nach Autor und Herkunft erheblich, wobei die Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung sich eher im oberen Bereich der Dosierungsrichtlinien bewegen.

E. HÖHNE gibt für die unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen folgende Tageswerte als Verzehrempfehlung an:

Kinder: 0,3 bis 2,0 mg (altersentsprechend)
Männer: 3,0 bis 5,0 mg
Frauen: 3,0 bis 5,0 mg (während Schwangerschaft und Stillzeit zusätzlich 1,5 bis 2,5 mg täglich)

Die US (RDA)-Empfehlung zur Vermeidung eines Vitamin B12-Mangels liegt für Erwachsene (ausgen. schwangere und stillende Frauen) bei 2 mg täglicher Zufuhr. Zur Supplementierung bei Fehl- und Mangelernährung (z.B. bei strikt vegetarischem Eßverhalten) werden zur Sicherung der Bedarfsdeckung tägliche Aufnahmemengen zwischen 3 und 10 mg als ausreichend angesehen.

Die in Deutschland empfohlene Tageszufuhr für Erwachsene und Jugendliche über 15 Jahre beträgt 3 mg, die vorgeschlagene Höchstmenge für die Verwendung in Nahrungsergänzungsmitteln (NEM), bezogen auf die vom Hersteller empfohlene Tagesdosis, ist 3 bis 9 mg (Quelle: Bundesinstitut für Risiskobewertung, entnommen aus Lit. [11]).

1 mg = 1 Millionstel (!) g, also 1.000.000 mg (Mikrogramm) = 1000 mg (Milligramm) = 1 g (Gramm)

Dosierungshilfen

Aufgrund der sehr schwierig wägbaren, äußerst geringen Menge von z.B. 5 mg (Mikrogramm) ist die direkte Einnahme von reinem Vitamin B-12-Cyanokomplex nicht möglich. Zwar sind Überdosierungserscheinungen dieses Vitamins bisher nicht bekannt geworden, jedoch würde schon die Einnahme eines Tausendstel Gramms (= 1 Milligramm) der konzentrierten Reinsubstanz eine 200fache Überdosierung (zumindest bezogen auf die ernährungsphysiologisch sinnvolle und empfohlene Menge) bedeuten!

Man muß daher zur sicheren Dosierbarkeit eine Verreibung der Substanz in einem festgelegten Verhältnis vornehmen.

Beispiel hierzu:

Man erzielt eine Verreibung im Verhältnis 1:1000, wenn man 100 mg (= 100.000 mg, Mikrogramm) Cyanocobalamin mit 100 g (Gramm) eines Trägerstoffes (verwendet wird dazu meist Milchzucker, aber auch Traubenzucker - Dextropur - ist möglich) stufenweise in einer rauhen Reibschale derart vermischt, daß mit einem Verhältnis Vitamin zu Trägerstoff von ungefähr 1:1 begonnen wird, und die restliche Menge des indifferenten Füllstoffs in mehreren kleineren Portionen hineingegeben und (unter mehrmaligem Abschaben der Reibschalenwandung!) sorgfältig zugemischt wird.

Mischen Sie also auf diese Weise die gesamte Menge einer Flasche zu 100 mg (entspricht 0,1 g) mit 100 g eines Trägerstoffs.

5 mg der fertigen Verreibung (= 5.000 mg, also genau 1/20 der Menge, die dem zu Beginn eingesetzten Cyanocobalamin-Gewicht entspricht) enthalten dann eine Dosis von 5 mg Cyanocobalaminin. Diese Menge entspricht in etwa einer Messerspitze voll Verreibung.

Besonderheiten: Die gleichzeitige Zufuhr höherer Dosen von Kaliumchlorid (enthalten z.B. in Kaliumchlorid-Tabletten) bzw. ein Mangel an Vitamin B6 können die Aufnahme von Vitamin B12 in den menschlichen Körper vermindern.

Lagerungshinweise: Gut verschlossen, kühl und vor Licht geschützt aufzubewahren.

Literaturhinweise:

[1] BIESALSKI H.K. et al. (eds.), Vitamine (Georg Thieme Verlag, Stuttgart 1997) - Vitamin B12

[2] BURGERSTEINs Handbuch Nährstoffe - Prävention und Therapie, 8. Aufl., S. 108ff (Karl F. Haug Verlag, Hüthig GmbH, Heidelberg 1997)

[3] HAGERs Handbuch der Pharmazeutischen Praxis 5. Aufl., Band 7, S. 1117ff (Springer-Verlag, Berlin - Heidelberg)

[4] HÖHNE E., Die Vitamine 23. Aufl. 1985 (Otto Hoffmanns Verlag GmbH, München)

[5] HUNNIUS, Pharmazeutisches Wörterbuch 7. Aufl., S. 1487 (Walter de Gruyter, Berlin und New York 1993)

[6] MARKLE H.V., Cobalamin, in: Crit. Rev. Clin. Lab. Sci. 33, 247 (1996)

[7] Pharmacopoea Europaea, 3. Ausg. 1997 (Europäisches Arzneibuch), Amtliche Deutsche Ausgabe, S. 780f (DAV, Stuttgart und Govi-Verlag, Eschborn)

[7a] Pharmacopoea Europaea, 5. Ausg. 2005 (Europäisches Arzneibuch), Amtliche Deutsche Ausgabe, S. 1871f (DAV, Stuttgart und Govi-Verlag, Eschborn)

[8] Verordnung über das Inverkehrbringen von Zusatzstoffen und einzelnen wie Zusatzstoffe verwendeten Stoffen (Zusatzstoff-Verkehrsverordnung - ZVerkV) vom 10. Juli 1984, Anlage 2, Liste 11, in: Lebensmittelrecht Textsammlung (Becksche Textausgaben, Verlag C.H. Beck)

[9] Zimmermann/Schurgast/Burgerstein, Burgersteins Handbuch Nährstoffe, 8. Aufl., S. 108ff (Karl F. Haug Verlag, Heidelberg 1997)

[10] Monographie Vitamin B 12, Bundesanzeiger Nr. 59 vom 20.03.1989

[11] Pharmazeutische Zeitung, 151. Jahrg., 14. September 2006, S. 119

Eintrag erstellt am 05.03.1999 * Letzte Änderung am 20.02.2007

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